Leitende Mitarbeiterin des Erzbistums Köln belastet Kardinal Woelki schwer – Täterliste aus dem Jahr 2015 stellt eidesstattliche Versicherung Woelkis zum Missbrauchsfall Pilz in Frage

Aussagen einer leitenden Mitarbeiterin des Erzbistums Köln zum Missbrauchsskandal belasten Kardinal Rainer Woelki schwer. Die frühere Assistentin des Personalchefs im Erzbistum sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Mittwoch-Ausgabe), sie habe Anfang 2015 für Woelki eine Liste mit Missbrauchstätern erstellt, deren Fälle zum damaligen Zeitpunkt aktuell waren. Einer von 14 Namen ist der Name des früheren „Sternsinger-Präsidenten“ Winfried Pilz. Eine Kopie des Dokuments liegt der Zeitung vor. Woelki hatte zu seinem Kenntnisstand zwei eidesstattliche Versicherungen abgegeben. Er will demnach erst in der vierten Juniwoche 2022 mit dem Fall Pilz befasst worden sein. „Das ist nicht wahr“, sagte Dahm. „Mag sein, dass er sich das Blatt mit Pilz und den anderen 13 Namen nicht angeschaut hat. Aber befasst habe ich ihn damit. Ganz eindeutig. Deshalb war ich auch so entsetzt über die Selbstdarstellung des Kardinals in der Öffentlichkeit.“

Der 2019 verstorbene Pilz wurde 2014 von Woelkis Vorgänger, Kardinal Joachim Meisner, nach Missbrauchsvorwürfen mit einer Geldstrafe und einem Kontaktverbot zu Minderjährigen belegt. Eine im kirchlichen Regelwerk vorgeschriebene Meldung an Pilz‘ Wohnbistum Dresden-Meißen hierüber unterblieb pflichtwidrig. Woelki behauptet, auch dies nicht gewusst und daher keinen Handlungsbedarf gesehen zu haben. Das Erzbistum erklärte, der Fall Pilz sei zu Beginn von Woelkis Amtszeit 2014 abgeschlossen gewesen. Auch dem trat die Mitarbeiterin entgegen. Auf der von ihr Anfang Januar 2015 erstellten Liste ist zudem eigens vermerkt, dass Pilz von seiner Strafe in Höhe von 4000 Euro damals erst eine Rate an das Erzbistum gezahlt hatte.

Nach mehreren Strafanzeigen gegen Woelki wegen möglicher Falschaussage zum Fall Pilz sah die Staatsanwaltschaft Köln bislang keine hinreichenden Verdachtsmomente und lehnte Ende September Ermittlungen ab. Neue Erkenntnisse lieferte die Mitarbeiterin auch zum Agieren der Bistumsspitze nach Pilz‘ Tod. In einem Nachruf wurden die Missbrauchsvorwürfe verschwiegen, die auf der Leitungsebene bekannt waren. Die Mitarbeiterin war von 2013 bis 2017 im Generalvikariat beschäftigt. Danach übernahm sie in einem Kirchengemeindeverband die Verwaltungsleitung. Zu ihrem Gang an die Öffentlichkeit sagte sie, sie habe es nicht mehr ausgehalten, Dinge aus erster Hand zu wissen, „die den öffentlichen Aussagen von Kardinal Woelki widersprechen“.

 

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Kölner Stadt-Anzeiger