Halle – Die Digitalisierung im Gesundheitswesen kommt auch in Sachsen-Anhalt nur schleppend voran. Es hakt vor allem bei der Technik und in der Ärzteschaft wächst der Frust. Mediziner beklagen eine „katastrophale Vorbereitung“ bei der Einführung digitaler Verfahren. „Aktuell ist es so, dass unausgereifte Anwendungen viel Zeit kosten – Zeit, die für die Behandlung der Patienten fehlt“, sagt Heike Liensdorf, Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Sachsen-Anhalt. Bisher gebe es keine Vorteile, neue Verfahren nutzten „vornehmlich den Krankenkassen. Praxen haben nur zusätzliche Belastungen“.
Dabei sollten digitale Lösungen Abläufe vereinfachen und beschleunigen, die Zettelwirtschaft sollte enden. Bisher haben die Systeme in den Arztpraxen aber nur hohe Kosten verursacht, sagt Tobias Brehme, Sprecher der Ärztekammer Sachsen-Anhalt, „ohne dass sie gut funktionierten. Das E-Rezept und die E-Krankschreibung laufen bisher nur in Testphasen, in Sachsen-Anhalt stellen Praxen und Kliniken vereinzelt auf freiwilliger Basis elektronisch aus. Gerade bei der Digitalverschreibung, die über eine App oder einen QR-Code in der Apotheke eingelöst werden soll, gab es viele Pannen. Das bundesweit einzige Pilotprojekt wurde jetzt nach Bedenken des Bundesdatenschutzbeauftragten gestoppt.
Auch die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist im Probemodus, ab 2023 soll sie Pflicht werden. Dabei senden Ärzte die Meldung digital an die Krankenkasse. Arbeitgeber müssen die Daten bei den Kassen abfragen. „Man hat aus einem einfachen analogen Prozess einen komplizierten digitalen gemacht“, kritisiert der sachsen-anhaltische Arbeitgeberpräsident Marco Langhof. „Der schwarze Peter wurde jetzt in Richtung Betriebe geschoben, der Aufwand liegt jetzt bei uns. Wir müssen klären und abgleichen. Es wäre besser gewesen, aktiv von den Kassen informiert zu werden.“
Mitteldeutsche Zeitung