Stephan Russ-Mohl: „Viel Verständnis für wachsende Gruppe der Nachrichten-Abstinenten“ – Aufruf zu mehr „konstruktivem Journalismus“Osnabrück. Journalismus-Forscher Stephan Russ-Mohl hat Online-Publikationen gezielte Angstmacherei vorgeworfen. „Es stimmt, dass Medien extrem stark auf das Negative setzen und dabei sogar noch übertreiben, um mit Angst Klicks zu generieren“, sagte der Medienwissenschaftler und Publizist im Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ). „Aber es sollte nicht sein, dass ich mir die Augen und Ohren zuhalten muss, um angstfrei leben zu können.“Er habe wegen des Feuerwerks an Negativ-Berichten „viel Verständnis für die wachsende Gruppe der Nachrichten-Abstinenten, die sich sagen: Ich will heute nicht wissen, was sich Putin ausgedacht hat, um die Ukraine zu quälen, oder welcher Temperaturrekord gestern gerissen wurde“, sagte Russ-Mohl. Natürlich müssten Medien auch über das Schlechte in der Welt berichten. „Aber ausgewogen, einordnend, sachlich, und keineswegs ausschließlich.“Eine „sehr wichtige Antwort gegen Schwarzmalerei“ sei der sogenannte konstruktive Journalismus, so der Gründer des European Journalism Observatory. „Wir brauchen mehr Journalismus nach der Devise: Die Welt geht nicht unter, wenn wir dies und jenes tun.“ Die Herausforderung sei, weder tagtäglich die Apokalypse zu verkünden noch falsche Hoffnungen zu wecken. „Mit Verheißungen Klicks zu erzielen, funktioniert auf Dauer genauso wenig wie mit Angstmacherei“, sagte Russ-Mohl der „NOZ“.
Neue Osnabrücker Zeitung