von Niki VogtLiebe Leser, der folgende Text ist nicht von mir, sondern von einem lieben Freund, der eine Reise durch Syrien gemacht hat und seine Eindrücke schildert. Ich kenne ihn seit Jahrzehnten gut und weiß, dass er nichts hinzufügt und nichts weglässt und seine Schilderungen wirklich seine Erlebnisse und Empfindungen sind. Mich hat das sehr berührt und ich möchte diesen Bericht Ihnen weitergeben:
Zurück von einer großartigen Syrienreise gebe ich gerne exklusiv ein paar Eindrücke wieder: Das etwas mulmige Gefühl in ein vermeintliches Kriegsgebiet (laut ARD u ZDF) zu reisen, in welches man keine abgelehnten Asylbewerber zurück schicken dürfe, wurde zu keinem Zeitpunkt vor Ort bestätigt. Unzählige zerstörte Häuser, komplett zerbombte Dörfer und Stadtteile sind allerdings Zeugen massiver ehemaliger Kriegseinwirkungen. Das eigentliche Leben findet (wie schon immer) im Westen des Landes statt und aktuell gibt es nur noch letzte islamistische Kämpfer (Terroristen) in der Region Idlib (im Nordwesten) und vielleicht in den unendlichen Weiten des Ostens des Landes in Richtung Irak.
Egal mit wem wir Kontakt hatten, eine Aussage kam IMMER, nämlich dass der militärische Krieg längst vorbei sei und die Bevölkerung (egal ob regierungstreu oder in der Opposition) jetzt massiv und spürbar unter den westlichen Sanktionen leiden würde – wiederholt wurde dies als „Fortsetzung des Krieges mit wirtschaftlichen Mitteln“ bezeichnet.
Auf Initiative von AHA! (Alternative Help Association e.V.; www.aha-europe.com) wurde diese Reise durch Zeitgeist Business Consulting (Reise-Nach-Syrien.de) aus Erftstadt organisiert. Wir haben uns vor Ort davon überzeugen können, wie effektiv die Idee “Hilfe zur Selbsthilfe“ umgesetzt werden konnte:
Das größte Projekt war die komplette, liebevolle Renovierung eines sehr schön gelegenen Hauses in Maanula zu einem Hostel (Foto: das blaue Haus). Dieses kleine Dorf mit einer der ältesten christlichen Kirchen der Welt, wo Christus gepredigt haben soll und auch heute noch aramäisch gesprochen wird, wurde besonders massiv von den Islamisten zerstört und wir haben von unvorstellbaren Gräueltaten erfahren. Das Hostel bietet zum einen Arbeitsplätze vor Ort und bietet zum anderen die Möglichkeiten für Touristen wieder in Maanula übernachten zu können. Darüber wird sich das Haus dann auch selbst finanziell tragen.
Als wir am kleinen Hauptplatz ankamen, war gerade einer der beiden gesponserten Busse für die Verbindung Damaskus-Maanula angekommen. Die Tatsache, dass diese beiden Busse stark frequentiert werden, war Beleg dafür, wie wichtig diese Verbindung gerade für die einfache Bevölkerung (ca. 85% der Bewohner!) ist und damit konnten wir uns auch hier davon überzeugen, dass für die Busfahrer Arbeitsplätze geschaffen werden konnten und die Busse sich über die Fahrkosten selbst tragen werden.
Schließlich war es eine besondere Freude uns vor Ort davon überzeugen zu können, dass die damals komplett zerstörte Zahnarztpraxis seit geraumer Zeit wieder voll funktionstüchtig ist, so dass den Patienten der weite Weg nach Damaskus erspart bleibt. Es war mehr als beeindruckend, wie der Zahnarzt deutlich zum Ausdruck brachte, dass es für ihn als Syrer niemals infrage gekommen sei sein Land zu verlassen, da er sich darüber im Klaren wäre, dass seine Landsleute mehr denn je seine ärztliche Hilfe benötigen würden. Den Abzug junger Akademiker nach Europa betrachtete er als eine moderne Form der Kolonisation …. ! Dies erinnerte an die Worte des Patriarchen (in der griechisch-orthodoxen Christenheit analog der Stellung des Papstes in Rom), als er an Europa gerichtet sagte: „Gebt uns unsere jungen Männer wieder!“.
Des Weiteren konnten dem ortsansässigen Imker div. Bienenstöcke finanziert werden, wurde die Schule mit Heften, Stiften und Lernmaterialien versorgt, konnten Leuchtmittel für die Altstadt besorgt und ein Solidarfonds zur Unterstützung besonders bedürftiger Kriegsveteranen eingerichtet werden.
Allgemeine Eindrücke: Erstmalig konnte ich ein fremdes Land mit fremden Kulturen erleben, ja und auch genießen, indem uns zu 99% Einheimische begegneten, ohne Touristengruppen, ohne McDonalds etc.. Es waren im Sinne des Wortes authentische Begegnungen. Die Gastfreundschaft und Dankbarkeit waren unbeschreiblich.
Das Leben pulsiert, aber die Bevölkerung (es gibt dort kaum einen Mittelstand) leidet massiv unter den Sanktionen. Selbst Gegner von Assad sind offensichtlich dankbar dafür, jetzt nicht im ‚Islamistischen Staat‘ leben zu müssen. Wir wissen zu wenig über das System Assad, aber ob die Menschen- und insbesondere die Frauenrechte in Katar und Saudi-Arabien (alles keine sog. Schurkenstaaten) mehr geachtet werden, darf massiv infrage gestellt werden. Der Einfluss von Frau Assad ist insofern auch für uns als Besucher offensichtlich, indem zunehmend (junge) Frauen ohne Kopftuch feminin und selbstbewusst auftreten – wie es in den o.g. arabischen Staaten undenkbar wäre. Wir haben es hier mit Erich Kästner gehalten: “Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!“.
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